«Man muss nicht perfekt, sondern menschlich sein. Geduldig bleiben, gut zuhören und zu verstehen versuchen. Das sind meiner Meinung nach die wichtigsten Aspekte im Umgang mit Menschen, die psychisch belastet sind», erzählt die Freiwillige Simran im Interview. Simran engagiert sich seit bald drei Jahren bei Pontesano. Das Tandemprogramm Pontesano unterstützt überbrückend psychisch belastete Personen bei Herausforderungen im Alltag. Rotkreuz-Freiwillige helfen bei konkreten Problemen oder ermöglichen sozialen Austausch und gemeinsame Unternehmungen.
«Ich hatte davor keine Erfahrung im Umgang mit psychisch belasteten Personen. Deshalb hatte ich mir Sorgen gemacht, ob ich überhaupt für diese Aufgabe geeignet bin. Aber Heidi Bremi, Koordinatorin bei Pontesano, nahm mir die Angst und motivierte mich. Sie versicherte mir, dass es am wichtigsten sei, motiviert und interessiert an Menschen zu sein. Und sie hatte recht», berichtet Simran lächelnd. «Es ist zentral, ihnen vor allem als Menschen zu begegnen und nicht als Trägerinnen oder Träger von Diagnosen», sagt Heidi Bremi. Simran fügt hinzu: «Ich nahm an einer Weiterbildung zum Thema teil, die das Zürcher Rote Kreuz den Freiwilligen kostenlos anbietet. Dort konnte ich viel lernen und wertvolle Tipps für mein Engagement in diesem Bereich mitnehmen.»
Austausch, der beiden Spass macht
Simran trifft sich wöchentlich mit ihrer Tandempartnerin. «Anfangs habe ich sie dabei unterstützt, wenn sie etwas online erledigen musste. Mittlerweile geht es bei unseren Treffen nur noch um den gemeinsamen Austausch. Es fühlt sich für mich auch nicht so an, als würde ich mich im Rahmen eines freiwilligen Engagements mit ihr treffen, sondern mehr, wie wenn zwei Freundinnen zusammen Zeit verbringen.»
Die 32-Jährige beschreibt, dass der Austausch mit ihrer Tandempartnerin auf Augenhöhe sei und dass auch sie von ihr lerne. Simran kam vor sechs Jahren aus Indien in die Schweiz und sagt lachend: «Mit ihr kann ich zusätzlich Deutsch üben, sie hat viel Geduld mit mir.» Sie erzählt weiter: «Ausserdem interessiert sie sich für mich und mein Leben. Sie erinnert mich auch immer daran, dankbar zu sein. Obwohl sie sehr vieles durchgemacht hat, ist sie eine positive Person. Das inspiriert mich.»
Eine besondere Erfüllung
Freiwilliges Engagement erfüllt Menschen. Auch Simran, die seit ihrer Kindheit als Freiwillige tätig ist, bestätigt das: «Es ist nicht zu vergleichen mit dem Glücksgefühl, das man beispielsweise wegen eines Geldbonus bei der Arbeit empfindet. Es ist ganz anders und erst, wenn man es selbst macht, kann man dieses Gefühl verstehen. Ich wünsche mir, dass alle diese Erfahrung machen.» Simran sagt auch, wie bereichernd sie die Austauschtreffen findet. Diese werden vom Zürcher Roten Kreuz regelmässig für die Freiwilligen in den Programmen organisiert, damit sie gegenseitig von ihren Erfahrungen profitieren können. «Es ist toll, dort neue Menschen kennenzulernen, und sehr schön, dass alle gleich denken und etwas Gutes tun wollen.»
Simran arbeitet Vollzeit als Architektin in Zürich und ist der Meinung, dass jede und jeder Zeit hat für freiwillige Einsätze. «Meine Mutter war bereits Freiwillige beim Roten Kreuz in Indien. Und ich selbst war auch bei unterschiedlichen Organisationen tätig und habe in Indien ein eigenes Hilfswerk gegründet. Für mich war klar, dass ich mich auch in der Schweiz engagieren werde.»
Hilfe zur Selbsthilfe
In einem Interview im Tagesanzeiger spricht die Schweizer Autorin und Fachärztin für Psychiatrie Esther Pauchard über psychische Gesundheit und Selbstwirksamkeit. Sie zeigt auf, dass Menschen grundsätzlich viele Situationen aus eigener Kraft bewältigen können, wenn sie sich der nötigen Instrumente dafür bewusst sind. Dort setzt auch Pontesano an. Hauptziel ist es, dass Rotkreuz-Freiwillige Menschen, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden, überbrückend begleiten, nach dem Prinzip «Hilfe zur Selbsthilfe».
Zusammen als Gesellschaft
Pontesano-Koordinatorin Heidi Bremi erklärt: «Psychische Belastungen entstehen nicht nur durch individuelle Belastungen, sondern haben auch gesellschaftliche Ursachen. Deswegen betrachte ich es als gesellschaftliche Verpflichtung, hinzuhören, zu unterstützen und Strukturen so zu verändern, dass sie der psychischen Gesundheit dienen.» Auch Esther Pauchard sagt, es sei Fakt, dass wir mehr Stress ausgesetzt seien als die Generationen vor uns. Doch statt dies aus einer pessimistischen Sicht zu sehen, findet sie, dass wir in Zuversicht und Kooperation investieren sollten. Sie findet es wichtig, die Menschen zu ermuntern, dass durch Selbstwirksamkeit etwas geändert werden kann. «Lösungen sind kein Produkt, sondern ein Prozess», sagt sie.
Genau in diesem Prozess kann es von grosser Bedeutung sein, von jemandem unterstützt zu werden. Heidi Bremi beschreibt, was jede und jeder von uns machen kann, um Menschen mit psychischen Belastungen zu unterstützen: «Zuhören, zuhören, zuhören und Fragen stellen. Viele psychisch belastete Menschen können sehr reflektiert über sich berichten. Oft hilft es aber auch, einfach etwas Schönes zusammen zu unternehmen, um eine Pause von den Sorgen und Gedankenkreisen zu ermöglichen.»
Selbstverständlich braucht alles seine Zeit und deshalb ist es wichtig, dass sich Freiwillige bei Pontesano für mindestens ein halbes Jahr mit ihrem Tandempartner oder ihrer Tandempartnerin treffen. Doch wie das Beispiel von Simran zeigt, entwickelt sich manchmal auf natürliche Weise in diesem halben Jahr eine gute Beziehung innerhalb des Tandems, sodass daraus eine Freundschaft entsteht, die für beide darüber hinaus bestehen bleibt.
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